Handyverbot an Schulen:
Lösung oder nur Symptombekämpfung?

Die Diskussion ist erneut aufgeflammt: Immer mehr Schweizer Kantone setzen auf ein pauschales Handyverbot an Schulen. Ab dem neuen Schuljahr gehören auch Aargau und Nidwalden dazu. Eine aktuelle SRF-Analyse zeigt: Die breite Bevölkerung befürwortet solche Massnahmen – doch Expert:innen bleiben skeptisch.

Aber was bringt ein Handyverbot wirklich? Und was bedeutet es für die Medienkompetenz unserer Kinder?

Was verspricht sich die Schule vom Verbot?

Das Ziel ist klar: Weniger Ablenkung im Unterricht, mehr echte Pausen, bessere Konzentration. Erste Schulen berichten von positiven Effekten – zum Beispiel das Gymnasium in Sarnen, das stattdessen Tischtennisplatten und Gesellschaftsspiele bereitstellt.

Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage zeigt:

82 % der Schweizer Bevölkerung unterstützen ein Handyverbot an Schulen, 68 % fordern sogar ein TikTok-Verbot für unter 16-Jährige.

Die Botschaft ist deutlich: Eltern und Gesellschaft wünschen sich Schutz für Kinder – und mehr Kontrolle über den digitalen Wildwuchs.

Aber was bringt ein Handyverbot wirklich? Und was bedeutet es für die Medienkompetenz unserer Kinder?

Warum Verbote allein nicht helfen

Die Realität ist komplizierter: Eine britische Studie kam 2023 zum Schluss, dass Handyverbote in der Schule zwar kurzfristig die Nutzung einschränken – das Medienverhalten zu Hause bleibt jedoch unverändert. Das bedeutet: Die Gesamtzeit mit dem Handy ändert sich kaum. Und: Ein Verbot verhindert nicht, dass sich Kinder online vergleichen, unter Druck geraten oder Cybermobbing erleben.

Medienpädagoge Prof. Stephan Huber bringt es auf den Punkt:

„Verbote allein reichen nicht. Kinder müssen lernen, wie sie digitale Medien reflektiert und verantwortungsvoll nutzen.“

Elternrolle: Befähigen statt beschränken

Ein reines Handyverbot löst keine strukturellen Probleme. Im Gegenteil: Es kann die Chance auf pädagogische Begleitung verpassen. Was Kinder brauchen, ist Verständnis – nicht nur Regeln.

Was Eltern tun können:

  • Sprecht mit euren Kindern über Social Media: Welche Apps nutzen sie? Warum? Wie geht es ihnen dabei?

  • Legt gemeinsam Regeln fest – statt einfach zu verbieten. Beteiligung stärkt die Akzeptanz.

  • Reflektiert eigene Mediengewohnheiten: Kinder lernen durch Vorbilder.

  • Schenkt Alternativen Raum: Hobbys, Sport, echte Gespräche – auch mal ohne Bildschirm.

Schulen brauchen medienpädagogische Konzepte

Für Lehrpersonen bedeutet das: Nicht einfach Handys einsammeln, sondern Medienbildung aktiv gestalten. Zum Beispiel:

  • TikTok-Videos im Unterricht analysieren: Was ist echt? Was ist inszeniert?

  • Wertearbeit zu Social Media: Was bedeutet digitale Selbstinszenierung?

  • Medienprojekte mit echten Profis: z. B. mit Creator:innen gemeinsam Content hinterfragen

Fazit

Ein Handyverbot kann kurzfristig Ruhe bringen. Aber echte Medienkompetenz entsteht nicht durch Einschränkung, sondern durch Aufklärung, Reflexion und Begleitung. Kinder müssen nicht entmündigt, sondern gestärkt werden – in der Schule und zu Hause.

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